Emmi Zeulner MdB schreibt
Vielen Dank an Frau Emmi Zeulner für die klaren Worte!
„Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen. (…) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln.“ (§ 1626 BGB)
Diesen Grundsatz der elterlichen Fürsorgepflicht haben wir in unserem Recht fest verankert und er trägt unser gesellschaftliches Verständnis der Rollenverteilung innerhalb einer Familie.
Doch was ist, wenn dieses Rollenbild auf den Kopf gestellt wird? Wenn sich die minderjährigen Kinder plötzlich in einer Rolle wiederfinden, auf die sie nie vorbereitet wurden? Eine Rolle, die ihnen eine Last auferlegt, die ihre jungen Schultern eigentlich nicht tragen können und auch nicht tragen sollten. Dann können Fähigkeiten nicht in einer kindgerechten Umgebung wachsen, sondern die Bedürfnisse der Kinder werden überlagert von der Übernahme der Verantwortung für die Eltern. Dann wird das Urvertrauen, das jedes Kind haben sollte, erschüttert. Denn nicht das Kind kann auf die uneingeschränkte Hilfe der Eltern vertrauen, sondern die Eltern sind auf die Hilfe des Kindes angewiesen. Der Lebensentwurf der Familie wird umgekrempelt und die Kinder müssen mit der Angst umgehen, dass sie ihre Eltern frühzeitig verlieren oder viel zu früh als Familie getrennt werden. Daher liegt bei diesen Kindern oft der Schwerpunkt darauf, die Familie zusammenzuhalten. Stark zu sein und trotz allem nach außen den Schein zu wahren, dass ein normaler Alltag herrscht.
In Studien erzählen pflegende Kinder davon, wie sehr sie zwischen der Hoffnung, dass alles wieder gut wird und der Angst, dass die Familie ganz auseinanderbricht, hin- und hergerissen werden. Es sind nicht die normalen kindlichen Wünsche nach einer neuen Puppe oder einer großen Eisenbahn, die die Kinder innerhalb der Studie nannten. Nein, es ist der Wunsch nach einer guten Fee, welche Normalität innerhalb der Familie schafft. Dieser kindliche Wunsch nach dem „Hoffen auf ein Wunder“ zeigt sehr deutlich, wie allumfassend die Verantwortung für die Pflege der Eltern die Kindheit prägt und wie schwer es in der Entwicklung des Kindes wiegt, dass sie eine derart große Verantwortung zu tragen haben.
Wir müssen uns bewusst machen, was es für ein pflegendes Kind bedeutet, in ständiger Alarmbereitschaft zu sein. Die Kinder werden ihrer Kindheit beraubt. Wir müssen Hilfsangebote für Familien schaffen, damit sich der Familienverbund nicht nach außen hin abschottet, um den Schein zu wahren, sondern offen nach Hilfe fragen und auch mit dieser rechnen darf. Hilfe, die individuell an den Bedarf der Familie angepasst wird und automatisch bei Bekanntwerden der Pflegebedürftigkeit eines Elternteils eine professionelle Beratung anbietet.
Pflegebedürftige Eltern und pflegende Kinder brauchen die Sicherheit, dass sie nicht alleine sind. Dass sie das Recht auf Entlastung und Unterstützung haben, die sich an ihrer Lebensrealität orientiert. Dafür setze ich mich gerne ein, denn am Ende tragen wir im Rahmen einer sorgenden Gesellschaft alle die Verantwortung für unsere Kinder – und auch für die Kinder, deren Eltern ihrer Fürsorgepflicht leider nicht erfüllen können. Ja, sogar besonders für diese Kinder, deren Kraft und Engagement innerhalb der Familie wir von außen nur in kleinen Zügen erahnen können und die unsere uneingeschränkte Unterstützung verdienen.
Emmi Zeulner MdB, CSU